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Kunst mit Knalleffekt: Street Artist PENG im Interview
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Kunst mit Knalleffekt: Street Artist PENG im Interview

Mal aufwendig und farbenfroh, mal schlicht und nur eine Outline: Das ist die Street Art des Frankfurter Künstlers PENG Am Steuer eines SEAT Leon zeigt er uns seine Stadt von einer ganz neuen Seite. Und verrät im Interview, woher er seine Inspiration bezieht, dass er wenig auf Konventionen gibt – und dass da bald noch mehr kommt. Oder besser gesagt: fährt.

  • Interview:
    Alexander Morath
  • Fotos:
    Daniel Woeller

Deine Kunst kennt ja jeder in Frankfurt. Du dagegen arbeitest anonym. Gab es in Deiner künstlerischen Karriere als PENG! einmal einen Moment, in dem Du fast enttarnt worden wärst?
Hmm ... nee, eigentlich nicht wirklich. Passe da immer ganz gut auf!

Seit wann machst Du Street Art und wie bist Du dazu gekommen?
Also, PENG gibt es seit 2008, davor habe ich mehr oder weniger auch schon Graffiti gemacht, aber eher rudimentär und ab und zu. Ich fand Graffiti und Street Art eigentlich schon immer megainteressant, schon mit jungen Jahren hatte das eine starke Anziehung auf mich. Und im Alter von 14 oder 15 Jahren habe ich es dann einfach mal selbst ausprobiert. Wobei das im Wesentlichen »Tags« im Matheheft waren. Später wollte ich dann aber als PENG! – mal bewusst, mal unbewusst – neue Wege gehen. Also gar nicht so in Kategorien gedacht, ob das jetzt Street Art oder Graffiti ist, sondern einfach, worauf ich Bock hab.

Wie genau meinst Du das?
Ich kann mit beiden Kategorien nicht wirklich etwas anfangen, ich finde die eher doof und hinderlich. Hauptsache rausgehen und was machen, das ist das Entscheidende! Ob jetzt ein Slogan tausendmal in der Stadt geschrieben steht ... oder ein Tag? Ist doch eigentlich wurst. Ein gutes Beispiel hierfür ist auch der Spruch »Kilroy was here«, der während des Zweiten Weltkriegs immer dort, wo US-Soldaten waren, an die Wände geschrieben wurde. Und diese Geschichte gilt u. a. als Beginn des heutigen Graffitos.

Gab oder gibt es Vorbilder, die Dich inspirieren und inspiriert haben?
Anfangs relativ stark Stefan Marx, wobei ich ihn immer noch sehr nice finde, gerade im Figurativen & Malerischen, bei seinen Sprüchen nicht so ganz. Keith Haring feiere ich, auch OZ aus Hamburg, gleichermaßen ästhetisch wie auch vom Output her – ich finde es krass, wie konsequent jemand gemalt hat – und das gefühlt in Hamburg an wirklich jeder Stelle. Ansonsten nehme ich, klischeehaft gesprochen, alles auf, was ich sehe, und habe hierfür auch einen Ordner, wo ich dann alle Fotos ablege, die ich inspirierend finde.

Wie würdest Du Deinen Street Art-Stil beschreiben?
Hmm … schwierig: »figurativ-malerischer Kindergarten-Style« vielleicht? Auf jeden Fall möchte ich so malen, dass eigentlich immer was Neues rauskommt. Nicht auf der Stelle stehen bleiben, das ist mir schon wichtig. Mal was ohne Outline, mal was mit, mal mit Fat-Cap die Reste-Kannen aufs Bild hauen und gucken, was rauskommt – und so weiter, und so fort. Es gibt eigentlich immer wieder was Neues zu entdecken – aber ja, viele sprechen vom »PENG-Style«, da die Leute meine Sachen sofort erkennen.

»Hauptsache rausgehen und was machen, das ist das Entscheidende!«

Deine Werke leben vom Wortwitz und den charakteristischen Motiven. Woher nimmst Du die Inspiration dafür?
Ja, wie oben schon beschrieben: Ich gehe mit offenen Augen durch die Welt, lese viel, höre mal hier, mal da einen Podcast, auch der Polizeiticker oder Nachrichtenartikel in den (Lokal-) Zeitungen über Graffiti sind oft ungewollt lustig – und da schnappe ich mir hier und da einen Spruch.

Wenn Du Dich entscheiden müsstest: Gibt es eine »Lieblingsfigur« aus dem PENG-Kosmos – und wenn ja, warum?
Das »Nasen-Männchen«, oder wie manche auch sagen: das »Zigarrenmännchen«. Das ist lustig und sympathisch, ein freundlicher Geselle, der für jeden Quatsch zu haben ist.

»Nicht auf der Stelle stehen bleiben, das ist mir schon wichtig.«

Hast Du so etwas wie ein Lieblingskunstwerk?
Das ändert sich oft, teilweise schon ein paar Tage nachdem ich es gemalt habe. Ich habe schon meine Favoriten, ich denke, das sind in der Regel auch solche, die im Leerstand gemalt sind und auch `ne gute Atmosphäre haben oder transportieren. Es gibt auch Bilder, die einfach von der Aktion und weniger vom Aussehen obergut waren, einfach weil es ein harter Spot war und die Nacht sich so gut angefühlt hatte und hier alles glattlief. 

Die Stadt ist Deine Leinwand. Suchst Du die Orte für Deine Kunst ganz bewusst aus oder ist die Location eher Nebensache?
Ja, ganz klassisch nach folgenden Kriterien: Wie hoch ist das Risiko, dort erwischt zu werden? Gibt es am nächsten Tag eine Anzeige? Wird das Bild schnell wieder entfernt? Das sind meine wesentlichen Kriterien. Zusätzlich mache ich mir aber natürlich schon einen Kopf, was wo gut passen könnte, inwiefern es auf die Umgebung eingeht bzw. ein harmonisches Gesamtbild wird.

Was soll Deine Kunst beim Betrachter auslösen?
Im besten Fall die Person zum Stehen und Innehalten bringen. Dass sich hier jemand Gedanken macht, sich mit dem Werk auseinandersetzt. Sich die Frage stellt: »Warum gefällt mir das Bild?« oder auch „Warum gefällt es mir nicht?« Deshalb mag ich sogar Bilder von mir, bei denen ich gar nicht sagen kann, ob sie mir gefallen oder nicht. Ich mag die Auseinandersetzung darüber, das Abstrahieren, die Metaebenen, die beispielsweise bei dieser Fragestellung aufgeworfen werden. Wo fängt Kunst an, wo hört sie auf? Darauf gibt es ja keine pauschale Antwort. Und dieses Spannungsverhältnis ist meiner Meinung nach das Genuine, was Kunst dann auch ausmacht.

Wir durften Dich im SEAT Leon zu Deinen urbanen Kunstwerken begleiten. Wie hast Du diesen Roadtrip empfunden?
War lustig! Für mich war es ein kleines Abenteuer, war ja total ungewöhnlich, bei so einem Shooting dabei zu sein – und ja, diese »Werbeluft« auch schnuppern zu dürfen (lacht). Ich fand auch das Team supernett und dass wir hier gut zusammen harmoniert haben. Aufregend war’s auch: Ich fahre sonst ja eher selten Auto, aber in einer Szene sollte ich das Auto durch die Hochhaus-Schluchten nahe des Willy-Brandt-Platzes fahren, um dann wieder irgendwie an den Ausgangspunkt zu gelangen. Leider waren da doch dann in der Innenstadt einige Straßen gesperrt – ich blieb aber ganz cool und schaffte es zum Willy zurück – ohne Dellen am Leon (lacht)!

»Aufregend war’s auch: Ich fahre sonst ja eher selten Auto, aber in einer Szene sollte ich das Auto durch die Hochhaus-Schluchten nahe des Willy-Brandt-Platzes fahren, um dann wieder irgendwie an den Ausgangspunkt zu gelangen. Leider waren da doch dann in der Innenstadt einige Straßen gesperrt – ich blieb aber ganz cool und schaffte es zum Willy zurück.«

Ist Dir sonst noch ein Moment besonders im Gedächtnis geblieben?
Krass war die Szene, als wir zum Orange Beach Richtung Griesheim gefahren sind und Fotograf Daniel Woeller auf die Idee kam, während der Fahrt mich von oben – er stehend – durch die Dachluke des Autos zu fotografieren. Ich beobachtete die Passanten und mein Gefühl war, dass die meisten wohl dachten, hier wird gerade ein James-Bond-Film gedreht. Insgesamt also ein superkurzweiliger Tag, der mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird!

Im Rahmen unseres Kreativ-Experiments hast Du auch ein Art Car gestaltet. Wie war das für Dich?
Hat Spaß gemacht! Ein bisschen hatte ich geschaut, dass ich auf die Gegebenheiten wie Türgriffe und so weiter Einfluss nehme, teilweise habe ich auch total spontan was draufgemalt. Und viele Motive waren sogar komplett neu, insbesondere bei den Kombinationen Slogans und Figuren. Für mich ist das Auto ein Hingucker mit vielen lustigen Motiven.

»Für mich ist
das Auto ein Hingucker mit vielen lustigen Motiven.«

Welche Idee hattest Du für die Umsetzung im Kopf?
Insgesamt wollte ich den Fokus auf die Zigarrenmännchen setzen, da diese gerne Autos mögen und sich hier auch wohlfühlen.

Gibt es Kunst-Projekte, die Du in der Zukunft noch gerne umsetzen möchtest?
Hmm, nichts wirklich Besonderes. Am liebsten male ich wie gesagt draußen, und ich möchte auch demnächst meine Ostdeutschland-Tour starten, wo ich in alten, leer stehenden DDR-Seifenfabriken meine Bilder male.

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