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Christian Hundertmark: Ruhe trifft auf Unruhe
Culture

Christian Hundertmark: Ruhe trifft auf Unruhe

Mit einer Leidenschaft für Street Art fing alles an, heute hat sich Christian Hundertmark ein kleines Design-Imperium aufgebaut. Alles was ihm fehlt, ist die Zeit für noch mehr Projekte.

  • Text:
    Iris Soltau
  • Fotos:
    Max von Treu

Christian Hundertmark ist Designer, Grafiker und Künstler mit beeindruckendem Output: 1989 begann er als Graffiti-Artist, bekannt wurde er mit seiner Buchreihe »The Art of Rebellion«, die als die Street Art-Bibel gilt. Heute leitet er die Agentur C100 Studio und gestaltet, was ihm unter die Finger kommt – von Snowboards über Sneaker bis hin zu Buchcovern, natürlich alles in seinem ureigenen Style. Daneben gibt der Münchner das Magazin »A Bigger Park« heraus und ist gemeinsam mit Patrick Hartl auch künstlerisch aktiv: Für ihr Projekt »Layer Cake« übermalen sie Teile der Arbeit des jeweils anderen. Dieses Konzept stellt eine Graffiti-Grundregel auf den Kopf, nach der das Übermalen des Werks eines anderen Künstlers als absolutes No-Go gilt. Keine Frage: Für Christian müsste ein Tag eigentlich mehr Stunden haben. Umso mehr freuen wir uns, dass er sich die Zeit für ein Interview genommen hat.

»Mit acht Jahren kam ich das erste Mal mit Breakdance, Graffiti und BMX in Berührung und war sofort fasziniert.«

War Dir klar, dass »The Art of Rebellion« so ein großer Erfolg werden würde? Oder hast Du gedacht: »Ach, so ein Buch gibt’s noch nicht, ich mach’ das mal!«?
Ja, genau so war es: Ich habe mich gefragt, warum noch niemand ein schön gestaltetes Buch über Street Art herausgebracht hat. Dann habe ich das eben selber gemacht. Ergebnis: Vier Bände innerhalb von 15 Jahren, fast 80.000 verkaufte Exemplare. Und dazu jede Menge tolle Freundschaften zu Künstlern auf der ganzen Welt.

Kannst Du ganz normal durch eine Stadt gehen oder scannst Du automatisch die Wände nach Graffiti ab?
Auch wenn ich nicht mehr aktiv male, bin ich immer wie elektrisiert, wenn ich an Zügen vorbeifahre – oder ich »lese« die S-Bahnlinien, wenn ich in der Bahn sitze. Das kann ich bis heute nicht lassen. Selbst wenn ich an Zugdepots vorbeifahre, scanne ich die möglichen Optionen für ein Bombing (lacht).

In den 80er- und 90er-Jahren boomten Street Art, Hip-Hop und BMX. Wie alt warst Du, als sich diese Welt vor Dir auftat? Mit acht Jahren kam ich das erste Mal mit Breakdance, Graffiti und BMX in Berührung und war sofort fasziniert. Damals gab’s ja noch kein Internet, sondern nur die Hoffnung, zufällig etwas im Radio oder Fernsehen darüber zu erfahren. Die Kids von heute kommen mit ein paar Klicks an alle Infos, das hätte mir früher sicher auch gefallen. Aber auf der anderen Seite bin ich froh, dass ich noch eine Zeit erleben durfte, in der nicht alles so leicht verfügbar war. Man hat sich einfach riesig gefreut, etwas Neues zu entdecken.

Ein Projekt wie »Layer Cake«, das Du zusammen mit Patrick Hartl machst, fällt klar in den Bereich Kunst. Siehst Du bei all den Werken, die Du gestaltest, überhaupt eine Trennlinie zwischen Design und Kunst oder geht das ineinander über?
Es gibt schon eine gewisse Grenze, da bei Kunst ja absolute gestalterische Freiheit eine große Rolle spielt, die bei Auftragsarbeiten natürlich so nicht gegeben ist. Da ich aber das Glück habe, mit Kunden zusammenzuarbeiten, die mir vertrauen und mir freie Hand lassen, ist die Trennlinie sehr schmal.

Mit acht Jahren kam ich das erste Mal mit Breakdance, Graffiti und BMX in Berührung und war sofort fasziniert.

Wie beschreibst Du Dein Design?
Es ist eine schräge Mischung aus Gegensätzen: Ruhe trifft auf Unruhe, grell auf dezent oder laut auf leise. Das manifestiert sich um einen unterschiedlichen Einsatz von Werkzeugen, analog und digital.

Was ist die größte Herausforderung im Alltag eines Kreativen?
In meinem Fall ist es der Wettkampf gegen die Zeit, wenn ich an vielen Projekten gleichzeitig arbeite, die auch noch alle spannend sind. Aber mir ist bewusst, dass das Luxusprobleme sind.

Und was machst Du, wenn Dir mal absolut nichts einfällt?
Etwas komplett anderes, am besten genau das Gegenteil von der Aufgabe, dann kommen die Ideen ganz von selbst.

Mein Design? Ist eine schräge Mischung aus Gegensätzen: Ruhe trifft auf Unruhe, grell auf dezent oder laut auf leise.

Auf Deinem Schreibtisch herrscht kreatives Chaos oder komplette Ordnung?
Ordnung und gelegentlich etwas Chaos, das aber erst sortiert werden muss, damit ich klare Gedanken fassen kann.

Was hättest Du lieber viel früher gewusst?
Dass die Zeit so schnell vergeht, vor allem wenn man älter wird. Dann hätte ich sie noch mehr genossen und öfter mal innegehalten.

Du bist jetzt Mitte vierzig – gibt es BMX-Tricks, die nicht mehr so funktionieren wie damals?
Manche Tricks lasse ich mittlerweile lieber sein. Wobei ich, je älter ich werde, mehr Wert auf die Tricks lege, die zeitlos sind und durch Style überzeugen. So etwas wie »Helicopter BMX« mit Backflips hat mich aber sowieso noch nie interessiert.

Dein Motto »Stick to the plan« trägst Du als Tattoo auf dem Unterarm. Mal ehrlich, hat das bei Dir immer hingehauen? Nein, überhaupt nicht, darum steht auf meinem inneren Oberarm auch »Everything happens for a reason« (lacht). Aber daraus ergibt sich auch, dass man nicht sofort aufgeben sollte.

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