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Ganz schön stark: Edith Löhle
Culture

Ganz schön stark: Edith Löhle

Eine Exil-Schwäbin, die in Prenzlauer Berg gerne Matcha-Latte mit Hafermilch trinkt – da muss Edith Löhle selber ein bisschen über sich lachen. Doch an der Stelle können wir die Klischee-Schublade auch direkt wieder schließen. Denn die Journalistin und Autorin geht seit einigen Jahren konsequent ihren eigenen Weg.

  • Interview:
    Marko Knab
  • Fotos:
    Tim Adler

Sie verabschiedete sich von der Glitzerwelt des Boulevard-Journalismus und porträtiert seither vor allem starke Frauen – wenn sie nicht gerade in Vintage-Läden nach verborgenen Schätzen stöbert.

Edith, warum ist es so wichtig, seinen eigenen Weg zu gehen?
Ich denke, jeder Mensch hat es verdient, dem nachgehen zu dürfen, was ihn glücklich macht. Selbstbestimmung ist ein Privileg – Generationen vor uns hatten dieses Glück nicht, viele Menschen rund um den Globus leben auch heute noch in Fremdbestimmung oder gar Unterdrückung. Weil ich dieses Privileg habe, sehe ich es als meine Pflicht an, meinen Herzensweg zu gehen und die Kraft, die ich daraus ziehe, wiederum für andere Menschen einzusetzen.

Hast Du eine Art Lebensmotto?
Eine Freundin sagte mir mal: »Probleme werden gelöst, wenn sie da sind – alles andere ist Drama.« Das wurde zu meinem Motto, weil ich dadurch im Hier und Jetzt lebe und mich nicht in wackelige Gedanken-Konstrukte verrenne, die Angst machen, aber am Ende gar nicht einstürzen.

Sprechen wir über den Journalismus: Wie war Dein Weg in der Medienbranche?
Es war einer mit vielen Abzweigungen. Ich habe mich nach dem Abitur bei einer Talentausschreibung der Bravo durchgesetzt und war fortan in der bunten Welt von Popstars unterwegs. Einige Jahre fand ich es total spannend, Interviews auf roten Teppichen zu führen und um die Welt zu jetten. In meinen Endzwanzigern suchte ich aber immer mehr nach Erfüllung in dem, was ich tat. Oder anders gesagt: Ich suchte mehr »Ich« in dem, was ich tat. Privat interessierte ich mich immer weniger für Promigeschichten und Glitzerwelten, sondern vielmehr für soziale Gerechtigkeit.

Heute schreibst Du Geschichten von starken Frauen auf. Woher kam dieser Wandel?
Privat habe mich immer stärker für Frauen und Frauenrechte eingesetzt und merkte, dass das so gar nicht zusammenpasst mit den Strukturen und der Sprache des Boulevards. Ich bin eine vertrauensselige Supporterin und keine Klatschbase, die Körper oder Lifestyle oftmals negativ bewerten möchte. Es war also erst ein innerer Prozess – sprich: Wer bin ich? – und dann ein äußerer Prozess – sprich: Für was möchte ich stehen? Das hat mich zu ganz anderen Medien und Projekten geführt.

Eines Deiner zentralen Themen ist der »Intersektionale Feminismus«, schreibst Du auf Deiner Website. Um was genau geht es dabei?
Bei Intersektionalität geht es um das Verständnis der Verschränkung von verschiedenen Diskriminierungsformen, die miteinander wirken. Das heißt konkret: Ich als weiße Frau werde ganz anders diskriminiert als eine Frau zum Beispiel mit Hijab oder eine Frau, die im Rollstuhl sitzt. Da greifen dann zusätzlich eben noch andere Formen von Diskriminierung, in diesen Beispielen eventuell antimuslimische Diskriminierung oder Ableismus, also wenn Menschen auf ihre körperliche oder psychische Behinderung reduziert werden. Uns muss klar sein, dass auch innerhalb einer benachteiligten Gruppe ganz unterschiedliche Lebensrealitäten vorhanden sind, deshalb muss der Kampf um Gerechtigkeit auch divers und inklusiv sein. Wer für Frauenrechte eintritt, muss die Vielfalt der Frauen und die Vielfalt der Nöte der Frauen sehen, um wirklich was tun zu können.

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Auch das Thema Älterwerden ist Dir wichtig …
Ich engagiere mich für Menschenrechte und insbesondere für Frauenrechte, dabei fiel mir auf, dass die Älteren unserer Gesellschaft total vergessen werden. Altersarmut ist ein großes Problem vor allem für Frauen, aber im Allgemeinen auch Einsamkeit und Notstand in der Pflege. Es gibt so viele Themen, die wir für unsere Senioren und Seniorinnen angehen müssen.

Was begeistert Dich an diesen komplexen und manchmal sperrigen Themen?
Ich habe einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen für Omis. Ich lerne ständig Omas kennen, vor allem beim Reisen begegnen sie mir im Flieger oder im Zug, und ich habe schon die herzigsten Geschichten erlebt – mittlerweile habe ich viele Oma-Freundinnen. Ganz generell finde ich die Themenfelder aber einfach essenziell, weil die Alten ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft sind. Zum anderen werden wir alle älter – wir setzen uns selbst ein Verfallsdatum, wenn wir die Alten nicht mit einbeziehen. Es stimmt mich traurig, wenn wir Senioren und Seniorinnen als nicht mehr leistungsfähig abstempeln und sie ausgrenzen, anstatt von ihrem Wissen zu lernen und uns zusammenzutun.

Deshalb hast Du mit »Hey Nana« ja auch eine eigene Plattform ins Leben gerufen, um das Wissen der Großmütter zu retten. Erzähl uns ein wenig davon!
Die Gespräche mit meiner Oma Klara haben mich dazu inspiriert, unseren Umgang miteinander zu veröffentlichen und andere teilhaben zu lassen, wie sehr wir voneinander lernen. Daraus entstand dann die Idee, eine Plattform zu starten, auf der andere Oma-Enkelinnen-Duos auch teilen, warum sie so wichtig füreinander sind.

Mittlerweile findet sich auf HeyNana.de eine bunte Sammlung rührender Geschichten zweier Generationen. Ich freue mich, damit einen kleinen Teil beitragen zu können, dass der Generationendiskurs stattfindet und wir auf Augenhöhe mit unseren und den Großeltern anderer kommunizieren.

→ Was Sprache mit der Realität zu tun hat, was Edith an Berlin liebt - und warum sie manchmal auch aus der Hauptstadt hinaus muss, erfahrt ihr bald im zweiten Teil unseres Interviews.

Immer verbunden. Überall.
Der SEAT Leon und Du.

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