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Vier Rollen für Olympia © Markus Henttonen
Freestyle

Vier Rollen für Olympia

Was Snowboarden für die Winterspiele ist, soll Skaten für die Sommerspiele werden: ein profitabler Magnet, der junge Zuschauer an die Bildschirme zieht. Das finden nicht alle gut.

  • Text:
    Iris Soltau
  • Fotos :
    Markus Henttonen

Der Ariake Urban Sports Park, der eigens für die Olympischen Sommerspiele 2020 gebaut wurde, liegt in der Bucht von Tokio, zwischen dem Toyosu Fischmarkt und einem modernen Kongresszentrum – einer Gegend, in der Trend auf Tradition trifft. Am 24. Juli hätte dort der erste olympische Skateboard-Wettbewerb stattfinden sollen, der nun auf Sommer 2021 verschoben wurde. Vielleicht haben sich bis dahin die Gemüter etwas beruhigt, denn die Entscheidung, Skateboarding zu einer olympischen Disziplin zu machen, spaltet die Szene: Für viele ist es ein Widerspruch, den Sport in ein Raster zu pressen, das auf Bewerten und Vergleichen ausgelegt ist. Wie soll man lässigen Style beurteilen? Andere Stimmen meinen, Skateboarding solle sich nicht an den Mainstream verkaufen, sondern eine ehrliche, eingeschworene Gemeinschaft bleiben. Wieder andere sagen: Die Welt entwickelt sich weiter, und damit auch Skateboarding. Was stimmt nun?

Gute Turnschuhe und ein Brett mit Rollen dran – das ist eigentlich alles, was ein Skater braucht. Doch für die meisten ist Skateboarden mehr als nur ein Sport: ein Gefühl von Selbstbestimmtheit und Unabhängigkeit, ein Statement. Dazu gehören eine gute Community, Hardcore-Musik und natürlich die richtigen Klamotten, die gerne etwas abgerissen sein dürfen. Wer sich an die schlimm-spießigen Uniformen erinnert, in die die deutschen Athleten für die Einlaufparade der Olympischen Spiele gesteckt werden, der ahnt: Das wird für alle nicht einfach.

Es ist klar, was sich das Internationale Olympische Komitee von der Entscheidung, Skateboarden, Sportklettern und Surfen olympisch zu machen, erhofft: Man will die etwas in die Jahre gekommenen Sommerspiele »aufhipstern«. Und junge Menschen vor die Bildschirme locken, die bei Kunstturnen oder Reiten ins Schlafkoma fallen. Snowboarden, seit 1998 bei den Olympischen Winterspielen mit dabei, hat gezeigt, dass der Plan aufgeht: Die Wettbewerbe im Schnee garantieren jedes Mal hohe Einschaltquoten.

Tatsächlich ist Skateboarden schon lange keine Nischensportart mehr, sondern ein höchst profitables Business. Wenn Skate-Brands wie Vans Milliardenumsätze machen und ein Profiskater wie Nyjah Huston seine Boards in einem 2,7 Millionen Dollar teuren Poolhouse unterstellt, kann man mit Fug und Recht behaupten, dass dieser Sport im Mainstream angekommen ist. Und: Skateboarden gehört bereits seit Jahren zum festen Bestandteil der X-Games, einer Art Olympischen Spiele für Actionsportarten. Warum also nicht auch beim Original antreten?

In Tokio soll es insgesamt vier Wettbewerbe in zwei Skateboard-Disziplinen geben, hier treten sowohl Frauen als auch Männer an in den Disziplinen »Park« (Halfpipes, Pools und Rampen für Tricks) und »Street« (möglichst schnell aneinandergereihte Trickkombinationen über Hindernisse fahren). Chris Cole, Profi-Skater aus den USA, erklärt im Interview mit dem Magazin Vice: »Eine olympische Goldmedaille in der Sportart Skateboarding klingt einfach wahnsinnig verlockend. Es wäre idiotisch, wenn wir Skateboarding von den Olympischen Spielen fernhalten wollten. Vor allem, weil es am Ende egal ist, wer zuschaut. Das Gefühl, einen Kickflip zu stehen, bleibt immer gleich.« Und Nyjah Huston, für den Nike bereits eine Olympia-Edition seines Skate-Schuhs »Nyjah Free 2.0« auf den Markt brachte, sagt: »Wenn die Sportart weiter wächst, bekommen immer mehr Kids da draußen die Chance, genau dem Traum näherzukommen, den wir leben dürfen.«

»I live to ride. And ride to live«

© unsplash.com

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